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Bio 3.0-Wissen No. 43: Souverän essen

Ernährungssouveränität

Souverän essen. Das Recht auf Nahrung gilt als eines der grundlegenden Menschenrechte. Nur wenn dieses garantiert ist, ist auch die Voraussetzung für die Erfüllung weiterer Menschenrechte wie Gesundheit, Bildung oder Teilnahme am kulturellen Leben gegeben.

Die Bedeutung der Landwirtschaft für die Sicherung dieses Grundrechtes und damit für unser tägliches (Über)Leben kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bis heute ist sie die wichtigste Erwerbsquelle und der größte Wirtschaftszweig der Welt.

Doch es sind es nicht primär die großen Unternehmen der industrialisierten Landwirtschaft, die die Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen, sondern vor allem Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.
Der Weltagrarbericht, der initiiert von Weltbank und Vereinten Nationen, von über 400 Expert/innen aller Kontinente und Fachrichtungen erarbeitet wurde, sieht in kleinbäuerlichen, arbeitsintensiveren und auf Vielfalt ausgerichteten Strukturen Garanten für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Lebensmittelversorgung und das Erfolgskonzept für die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts. Das bedeutet nicht, kleinbäuerliche Betriebe romantisch zu verklären, es geht vielmehr darum, traditionelles und modernes Wissen zu kombinieren und Innovationen für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion durch qualifizierte Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen. Gerade deshalb hält der Weltagrarbericht Investitionen in die kleinbäuerliche Produktion für das dringendste, sicherste und vielversprechendste Mittel, um Hunger und Fehlernährung zu bekämpfen und zugleich negative ökologische Auswirkungen der Landwirtschaft zu minimieren. Verbesserte Anbaumethoden, lokal vorhandene und angepasste Technologien und Kenntnisse, geeigneteres Saatgut und eine Vielzahl agrarökologischer Strategien bergen ein gewaltiges Produktivitäts- und Nachhaltigkeitspotenzial. Sie stellen zudem am ehesten sicher, dass zusätzlich produzierte Lebensmittel tatsächlich dort zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden.

Vielfältig, nachhaltig und fair
Vor diesem Hintergrund beziehen sich sowohl der Weltagrarbericht als auch die Food and Agriculture Organisation (FAO) immer öfter auf das Konzept der Ernährungssouveränität. Im Gegensatz zur Ernährungssicherheit, die das Recht auf ausreichende Versorgung mit Essen beschreibt, ist der Kern, der insbesondere von der Zivilgesellschaft getragenen Forderung der Ernährungssouveränität deutlich umfassender: Das Konzept der Ernährungssouveränität zielt auf die Lokalisierung und Demokratisierung der Lebensmittelsysteme ab und fordert leistbare, gesunde, ökologisch nachhaltig produzierte und kulturell angepasste Nahrung für alle Menschen, ein gerechtes Einkommen für die Produzent/innen und die Sicherung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen. Lokale, vielfältige und solidarisch vernetzte Systeme bilden die wesentliche Basis, wodurch regionalen Kreisläufe unterstützt und die Beziehungen zwischen Produzent/innen und Konsument/innen gestärkt werden sollen. Wo es möglich und ökologisch sinnvoll ist, soll lokal produziert, verarbeitet, vermarktet und konsumiert werden – zu stabilen und fairen Preisen, die die wahren Kosten widerspiegeln.

Auch wenn der Biolandbau hinsichtlich der sozialen Anforderungen durchaus noch Optimierungspotential hat: die multifunktionale und kreislauforientierte biologische Landwirtschaft ist weit mehr als nur eine Produktionsmethode und wird mit ihren Grundprinzipien Gesundheit, Ökologie, Gerechtigkeit und Fürsorge den umfassenden Ansprüchen der Ernährungssouveränität am besten gerecht.

Doch auch wir Konsument/innen sind gefordert: Wenn wir uns souverän ernähren wollen, sollten wir uns vorwiegend für pflanzliche, biologische, saisonale, regionale, fair gehandelte und am besten frisch gekochte Lebensmittel entscheiden. Das heißt, auch wir können zur Ernährungssouveränität beitragen – schließlich gilt die alte Weisheit immer noch, dass Essen stets auch ein politischer Akt ist.

Das Konzept der Ernährungssouveränität steht für eine Agrar- und Ernährungspolitik, die eine ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltige Landwirtschaft unterstützt und die Bevölkerung mit gesunden, qualitativ hochwertigen und kulturell adäquaten Lebensmitteln zu produzentengerechten Preisen versorgt. Die biologische Landwirtschaft wird diesen umfassenden Anforderungen am besten gerecht.

Download „Souverän essen“

Quelle: Attac Österreich (Hrsg.) (2011): Ernährungssouveränität. Positionspapier; Klaffenböck, G. et al. (2010): Vom Recht auf Nahrung zur Ernährungssouveränität. Globale und lokale Strategien; Gruber, P. und Hauser M. (2010): Ermächtigung und biologische Landwirtschaft. Von Ernährungssicherung zu Ernährungssouveränität. In Gruber, P. (Hrsg) (2010): Wie wir überleben! Ernährung und Energie in Zeiten des Klimawandels. Verlag Barbara Budrich; wwww.weltagrarbericht.de; www.viacampesina.org


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