
Bio 3.0-Wissen No. 32: Es grünt so grün – Klimawandel
Ressourcen und Energie / Bioenergie
Klimawandel, Erdölknappheit und Energiekrise könnten schon bald der Vergangenheit angehören. Gibt es doch grüne Pflanzen, die statt stinkendem Erdöl für energetisch und klimatisch bessere Zeiten sorgen sollen …
Biomasse und Energie aus nachwachsenden Rohstoffen erschienen lange Zeit als Wundermittel im Kampf gegen Klimaerwärmung und Erdölverknappung und versprachen gleichzeitig neue Absatzmärkte in der Landwirtschaft. Staatliche Beimischungsvorgaben und Subventionen für die Verarbeitung von Mais, Raps und anderen Ackerfrüchten zu Treibstoff haben in der EU und den USA einen regelrechten Boom ausgelöst. Für Brasilien, Malaysia und Indonesien wurden Zuckerrohr und Palmöl als „Biosprit”-Rohstoffe zu vielversprechenden Exportgütern, auch Sojaöl dient zunehmend zur Produktion von Biodiesel und in Afrika werden riesige Agrarflächen durch sogenanntes Landgrabbing für die intensive Produktion nachwachsender Treibstoffe genutzt. Die Rodung von Wäldern und der nachfolgende Anbau von Ölpalmen auf riesigen Flächen sind nicht nur aus ökologischer Sicht äußerst problematisch, es verlieren auch zahllose Menschen ihr Land und damit ihre Existenzgrundlage.
Wenn man von Energiepflanzen spricht, handelt es sich meist um öl-, zucker- und stärkehältige Ackerkulturen, die auch für die Lebens- und Futtermittelproduktion eingesetzt werden – wie Mais und Raps, aber auch Zuckerrübe oder Soja.
In den letzten Jahren häufen sich daher kritische Stimmen, die berechtigterweise Bedenken wegen möglicher Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise und der Konkurrenz um Land und Wasser haben. Selbst die ursprünglich propagierten positiven Auswirkungen auf das Klima sind heute höchst umstritten. Die Verbrennung von Agrosprit setzt zwar nur so viel CO2 frei, wie zuvor von den Pflanzen absorbiert wurde, doch die auf den ersten Blick vielversprechende Alternative erweist sich aus ökologischer und entwicklungspolitischer Sicht als durchaus problematische Strategie. Denn von Ausnahmen abgesehen bestimmen meist Monokulturen, intensive Bewässerung sowie massiver Einsatz schnelllöslicher Mineraldünger und Pestizide den Anbau. Der intensive Anbau ist ebenso wie die Abholzung zur Erschließung von Energie- und Spritanbauflächen für enorme Treibhausgasemissionen verantwortlich. Abgesehen davon: laut Weltagrarbericht wären um auch nur 20 % des weltweiten Ölverbrauchs zu decken, zwei Drittel der Weltackerfläche nötig.
Die wahre Bioenergie
Trotz all dieser negativen Auswirkungen kann Bioenergie unter der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen auch ökologisch nachhaltig produziert werden. Generell ist bei der Bewertung von Bioenergie zu beachten, dass sie in ihrer Gesamtheit betrachtet werden muss, also von der Produktion bis zur Endnutzung. Der Biolandbau bietet aufgrund seiner kreislauforientierten Wirtschaftsweise ein gutes Beispiel: Der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und schnelllösliche mineralische Düngemittel sowie vielseitige Fruchtfolgen sind wichtige Parameter dafür. Durch Energiepflanzenanbau kann die Fruchtfolgegestaltung erweitert und optimiert werden. Die Flächenkonkurrenz zwischen nachwachsenden Rohstoffen und Nahrungs- und Futtermittelproduktion setzt dem Anteil von Energiepflanzen allerdings Grenzen. Eine kombinierte Nutzung – z. B. Nutzung von Maiskörnern zur Stärkegewinnung und Verwendung der Restpflanze für die Biogaserzeugung – erscheint in diesem Zusammenhang ebenso sinnvoll wie der im Biolandbau weit verbreitete Anbau von Mischkulturen. Dabei werden Ackerfrüchte (z. B. Getreide oder Körnerleguminosen) mit Energiepflanzen (Ölsaaten wie z.B. Leindotter) gemeinsam angebaut. Mischkulturen haben zudem den Vorteil, dass sie sich durch geringeren Schädlings-, Krankheits- und Unkrautdruck, eine bessere Bodenbedeckung sowie eine bessere Nutzung von Wasser und Nährstoffen auszeichnen und zur Ertragssicherheit und -steigerung beitragen. Unter der Prämisse der ökologischen Nachhaltigkeit und mit entsprechenden Auflagen können sich Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion und Energieerzeugung jedenfalls sinnvoll ergänzen.
Die Produktion von Agrosprit steht in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion um begrenzte Anbauflächen und Wasser und fördert meist industrielle Monokulturen mit ihren negativen Folgen für die ländliche Struktur und Beschäftigung sowie die Umwelt und Biodiversität.
Der Biolandbau bietet innovative Alternativen und zeigt, dass „Biosprit“ auch wirklich Bio sein kann.
Quelle: Oxfam International (2016): Burning Land, Burning the Climate; OECD-FAO Agricultural Outlook 2015-2024: Ethanol and Biodiesel; Nolte K. et al. (2014): Food or Fuel – The Role of Agrofuels in the Rush for Land, GIGA Focus International Edition 5/2014; BÖLW (Hrsg.) (2012): 28 Antworten zum Stand des Wissens rund um Ökolandbau und Bio-Lebensmittel
Teilen Sie diesen Beitrag!


