
Bio 3.0-Wissen No. 27: Von der Vielfalt – Biodiversität
Biodiversität / Vielfalt und Landwirtschaft
Biodiversität – Manche Menschen sind fasziniert, für andere sind sie einfach nur lästig krabbelndes Ungeziefer. Doch egal welcher Sichtweise wir anhängen – wir kommen nicht an ihnen vorbei: Insekten machen die Hälfte der heute bekannten Arten aus und haben sich über alle Lebensräume verbreitet. Sie leben auf dem Land und im Wasser, im Eis und in der Wüste. Sie sind Pflanzenfresser, Räuber oder Schmarotzer, leben einzeln, aber auch in großen Gemeinschaften. Sie sind also, was die Biodiversität betrifft, ziemlich weit vorne.
Doch nicht nur das, sie erfüllen in ihrer Vielfalt ganz wesentliche Aufgaben in verschiedensten Ökosystemen und leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Biodiversität. Aber was versteht man nun eigentlich unter dem viel bemühten Begriff der Biodiversität, den viele von uns mit der Artenvielfalt gleichsetzen?
Biodiversität umfasst die Vielfalt des Lebens in all seinen Formen – dazu gehört natürlich die Artenvielfalt, aber auch die genetische Vielfalt sowie die Vielfalt der Lebensräume. Die Agrobiodiversität hat wiederum jene Vielfalt in der Natur im Fokus, die wir für Landwirtschaft und Ernährung nutzen. Sie ist für die weltweite Ernährungssicherung essentiell, schließt aber auch die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft mit ein, die nicht direkt mit der Nahrungsmittelproduktion zu tun hat.
Eine hohe Biodiversität – also die Fülle an Arten und Lebensräumen – ist eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren von Ökosystemen und erfüllt verschiedenste „Dienstleistungen“ wie etwa die Regulierung von Kulturschädlingen und Krankheiten, die Bestäubung, die Sicherung der Bodenfruchtbarkeit, Erosions- und Wasserschutz, Klimaregulation und die Speicherung von Kohlenstoff. Der Verlust der biologischen Vielfalt und der zunehmende Ressourcenverbrauch gefährden diese Ökosystemdienstleistungen und damit viele unserer Lebensgrundlagen.
Bio ist divers
Ein Blick in die Biolandwirtschaft zeigt, dass sich organische Düngung, flächenbezogene Tierhaltung, vielfältige Fruchtfolgen, schonende Bodenbearbeitung, der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und ein höherer Anteil an naturnahen Flächen nicht nur auf verschiedene Nützlinge, sondern ganz allgemeinauf die biologische Vielfalt positiv auswirken.
Werden hingegen Pestizide eingesetzt, so ist das für die Biodiversität gar nicht förderlich. Denn Insektizide wirken nicht nur selektiv auf bestimmte Schädlinge, sie sind auch für die Kontamination von Böden und Gewässern verantwortlich und schaden zahlreichen Nützlingen. Untersuchungen zeigen, dass auf Feldern, die regelmäßig mit Pestiziden behandelt werden, die Artenvielfalt um bis zu 50 % geringer ist als auf biologisch bewirtschafteten Äckern.
Vor allem Vögel, räuberische Insekten, Spinnen, Hautflügler und Bodenorganismen schätzen die biologische Bewirtschaftung und geben sich äußerst bio-affin. Aber auch die Biobetriebe profitieren von dieser Vielfalt, denn natürliche Schädlingsregulierung, Bestäubung von Kulturpflanzen, die Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und in weiterer Folge die Sicherung des ökologischen Gleichgewichts sowie die Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen sind eng an artenreiche Agrarökosysteme gekoppelt. Und auch wenn es kaum möglich ist, die zahlreichen Leistungen der unterschiedlichen Ökosysteme finanziell umfassend zu bewerten, zeigen Modellberechnungen, dass der Verlust der biologischen Vielfalt auch enorme ökonomische Auswirkungen hat.
Letztendlich ist es egal, ob es ökologische, ökonomische, kulturelle, ästhetische oder moralische Beweggründe sind, die Biodiversität zu erhalten. Es muss uns auch nicht alles, was kreucht und fleucht sympathisch sein – aber die Wertschätzung für die Leistungen der biologischen Vielfalt ist nicht nur im Sinne der Insekten, sondern in unser aller Interesse.
Die Erhaltung und Steigerung der Biodiversität sowie die Verbesserung von Naturschutzleistungen auf bäuerlichen Betrieben sind wesentliche Ziele im Biolandbau.
Biobäuerinnen und Biobauern fördern aber nicht nur die Diversität von Wildpflanzen und Nützlingen, ihnen ist auch die Vielfalt am Feld und im Stall ein großes Anliegen.
Quelle: LFI (Hrsg.) (2016): Biodiversität in der Agrarlandschaft. Vom Nutzen der Vielfalt; Hallmann, C. et al. (2014): Declines in insectivorous birds are associated with high neonicotinoid concentrations, Nature 511, pp 341–343; Pfiffner, L. (2012): Anpassungsfähig dank Vielfalt. Ökologie & Landbau 4/2012; Geiger, F. et al. (2010: Persistent negative effects of pesticides on biodiversity and biological control potential on European farmland. Basic and Applied Ecolog; TEEB (2010):The Economics of Ecosystems and Biodiversity Ecological and Economic Foundations; BMELV (Hrsg.) (2009): Agrobiodiversität erhalten, Potenziale der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft erschließen und nachhaltig nutzen.
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