
Bio 3.0-Wissen No. 20: Von Menschen und Tieren – Auf eine gute Mensch-Tierbeziehung
Tiere / Mensch-Tier-Beziehung
Mensch-Tierbeziehung. Das Schwein ist ein intelligentes, reinliches und äußerst neugieriges Tier. Als Nutztier teilt es mit Rindern, Geflügel, usw. allerdings das Schicksal, allzu oft auf seinen reinen Nutzwert reduziert zu werden – als austauschbare, scheinbar im Überfluss zur Verfügung stehende Ware.
Jahrelang haben Tierschützer/innen und Nutztieretholog/innen die Öffentlichkeit informiert und sensibilisiert. Mit dem Ergebnis, dass kaum jemand mehr die Intensivtierhaltung ethisch vertretbar findet. Man kann heute durchaus auch eine neue Mensch-Nutztierbeziehung erkennen. Dennoch werden so viele Tiere geschlachtet, wie noch nie.
Konsequent gedacht sind Nutztiere ja nur deshalb auf der Welt, weil wir Menschen ihr Fleisch, ihre Milch oder ihre Eier als Lebensmittel nutzen wollen. Unser Nutzen ist klar, aber was bekommen die Tiere als Gegenleistung? Der Deal wäre: dass sie artgemäß leben und angstfrei sterben können. Denn auch Nutztiere wollen nicht nur leben, sie wollen gut leben.
Domestizierte Tiere schauen ihren wildlebenden Verwandten nicht nur sehr ähnlich, sie zeigen auch weitgehend das gleiche Verhalten. Der entscheidende Unterschied liegt in der Leistung, die sie erbringen. Diese ist erstens viel höher und zweitens dient sie weniger der Erhaltung der Art als sie für uns Menschen von Nutzen ist. Der menschliche Hunger nach diesen Leistungen schenkt den Nutztieren das Leben. Massenhaft. Als Gegenleistung sollten alle Nutztiere von den betreuenden Menschen eine artgemäße Haltung, eine ebensolche Versorgung mit Futter sowie den Schutz vor Extremwetter und vor Feinden erwarten dürfen. In Kombination mit einem freundlichen, ruhigen Umgang mit den Tieren spricht man dann von einer guten Mensch-Tierbeziehung. In der Praxis umgesetzt bedeutet dies: umweltfreundliche Produktion, ausreichend Platz im strukturierten Stall, Auslauf ins Freie, überwiegend betriebseigene Futtermittel sowie ganz grundsätzlich Haltungsbedingungen, die den Ansprüchen der Tiere möglichst gerecht werden. Diese Art der Landwirtschaft gibt es erfreulicherweise schon, und zwar gesetzlich geregelt und mit einem verlässlichen Kontrollsystem. Die biologische Landwirtschaft erfüllt nämlich all diese Grundvoraussetzungen für eine gute Mensch-Tierbeziehung.
Der gute Umgang – eine Mensch-Tierbeziehung
Abseits der globalen Verpflichtung zu einem guten Umgang mit Nutztieren gibt es aber auch die persönliche Ebene der Mensch-Tierbeziehung. Nämlich, wie eng und gut der Kontakt zwischen den Tieren und den betreuenden Menschen ist. Es geht also um die soziale Intelligenz des Tierhalters. Diese lässt sich nicht einfach so abfragen, also bedient man sich zur Überprüfung einfacher Indikatoren. Dies kann zum Beispiel der Zustand der Stalleinrichtung sein oder die Sauberkeit der Tiere bzw. des Stalles, oder eine besonders tierfreundliche Stalleinrichtung, die über die Mindestnorm hinausgeht. Wissenschaftlich gilt als geeignete Messgröße die Ausweichdistanz. Salopp kann man sagen, je zutraulicher eine Herde auf betriebsfremde Personen reagiert, desto besser ist die Mensch-Tierbeziehung. Ein ruhiger, sicherer Umgang mit den Tieren, ein routinemäßiges Ansprechen und freundschaftliches Berühren der Tiere sowie ein Gewöhnen an notwendige Manipulationsarbeiten sind förderliche Schritte dazu. Überschaubare Bestände und ein großzügiges Platzangebot drinnen wie draußen – wie sie in der Bio-Landwirtschaft gesetzlich festgeschrieben sind – stellen ebenfalls eine wichtige Basis für eine gute persönliche Mensch-Tierbeziehung dar.
Die individuelle Ebene, also wie herzlich ein einzelner Bauer mit seinen Tieren umgeht, ist auch in der biologischen Landwirtschaft nicht vorschreibbar und auch nicht verlässlich kontrollierbar. Die österreichische Bio-Landwirtschaft bietet aus diesem Grund spezielle Fortbildungsseminare für einen fairen und sicheren Umgang mit Nutztieren an.
Auch in der Biotierhaltung werden Tiere letztendlich geschlachtet und vom Menschen genutzt. Allerdings wird versucht, den Tieren zu Lebzeiten eine möglichst artgemäße Haltung und einen wertschätzenden Umgang zu gewährleisten.
Zu einer artgemäßen Nutztierhaltung gehört auch eine gute Mensch-Tier-Beziehung. Die gesetzliche Basis der biologischen Tierhaltung garantiert eine gute Mensch-Tierbeziehung auf einer allgemeinen Ebene und versucht dies auch auf einer individuellen Ebene zu optimieren.
Download „Von Menschen und Tieren“
Quelle: Precht, D.R. (2016): Tiere denken. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen, Goldmann; Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik beim BMEL (2015): Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung. Gutachten. Berlin; Heinrich Böll Stiftung (Hrsg.) (2014): Fleischatlas – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel; Idel, A. (2001): Vom Produktdesign zur Designer-Kuh – Die landwirtschaftliche Ausnutzung der Tiere. In: Schneider, M. (Hrsg): Den Tieren gerecht werden. Zur Ethik und Kultur der Mensch-Tierbeziehung. (Tierhaltung Band 27). Universitätsverlag Uni Kassel.
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