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Bio 3.0-Wissen No. 16: Falsche Versprechungen – Grüne Gentechnik

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Grüne Gentechnik – Was kann schlecht daran sein, Ernteerträge zu erhöhen, den Pestizideinsatz zu reduzieren und dem weltweiten Hunger die Stirn zu bieten? Eigentlich nichts. Doch wie grundsätzlich in allen Lebensbereichen ist, wenn es für komplexe Fragestellungen einfache Lösungen zu geben scheint, eine gewisse Skepsis durchaus angebracht.

Die „Grüne Gentechnik“ ist ein gutes Beispiel dafür. Befürworter/innen führen an, dass gentechnisch veränderte Pflanzen höhere Erträge erzielen, die Anbaukosten senken, Vorteile bei schwierigen Anbaubedingungen wie Trockenheit und Hitze aufweisen und dadurch einen Beitrag zur globalen Ernährungssicherung leisten würden. Doch auch nach Jahrzehnten der Forschung zeichnen sich keine bahnbrechenden Erfolge ab, die Versprechungen haben sich nicht bewahrheitet – viele haben sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Untersuchungen zeigen, dass mit dem Anbau von Gentech-Pflanzen der Pestizideinsatz aufgrund zunehmender Resistenzen bei Unkräutern und Schädlingen ansteigt. Zudem verhalten sich transgene Pflanzen im Gewächshaus anders als im Feld – neben Ertragseinbrüchen können überraschende Nebeneffekte auftreten wie Auskreuzungen mit Wildpflanzen oder verstärkte Infektionen mit Krankheitserregern. Ob Gentechnik bei anderen Zuchtzielen, etwa der Widerstandsfähigkeit gegen Dürre, eine wichtige Rolle spielen kann, ist fraglich. Ansätze, Grundnahrungspflanzen wie Reis oder Mais gentechnisch mit Vitaminen und Spurenelementen anzureichern, blieben bis heute im Versuchsstadium.
Stattdessen prägen die Verdrängung lokal angepasster Tier- und Pflanzenarten, die Gefährdung der biologischen Vielfalt, steigende Preise für gentechnisch verändertes Saatgut und Lizenzgebühren, verstärkte Abhängigkeit von Bäuerinnen und Bauern von Saatgutkonzernen etc. das Bild der „Grünen Gentechnik“. Zudem dient der Großteil der GV-Pflanzen nicht der Lebensmittelproduktion und damit auch nicht der Ernährungssicherung, sondern wird als Futtermittel und Agrotreibstoff verwendet. Und wie sich Auskreuzungen bzw. Wechselwirkungen mit anderen Organismen, die Verbreitung gentechnisch veränderter Pollen durch Wind und Insekten, die jahrelange Keimfähigkeit von GV-Samen im Boden oder auch der Verzehr von GV-Lebensmitteln auswirken könnten, kann bisher auch nicht seriös bewertet werden.

Aber einmal abgesehen davon: Gentechnisch veränderte Lebensmittel finden keine Akzeptanz bei den Konsument/innen. Doch trotz einer breiten gesellschaftlichen und politischen Ablehnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln müssen die betriebs- und volkswirtschaftlichen Kosten für die Vermeidung von Kontaminationen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nicht von den eigentlichen Verursachern getragen werden, sondern von der Allgemeinheit. Also auch von den Biolandwirt/innen, die die Agrogentechnik konsequent ablehnen, und von uns Konsument/innen. Und diese Kosten sind nicht zu unterschätzen: In einer Studie wurde errechnet, dass in den vergangenen Jahren weltweit alleine vier Schadensfälle, bei denen Mais, Reis und Leinsamen mit noch gar nicht zugelassenen GVOs verunreinigt worden waren, Kosten von mindestens fünfeinhalb Milliarden US-Dollar verursacht haben.

Der mögliche Nutzen der Gentechnik steht also in keinem Verhältnis zu den potenziellen Risiken und Kosten. Viel zielführender, kostengünstiger und sicherer wäre es daher, den Blick verstärkt auf Landbewirtschaftungssysteme wie den Biolandbau zu richten, der nachhaltig und ressourcenschonend zur weltweiten Ernährungssicherung beitragen kann.

Bei der Agrogentechnik können langfristige Risiken für Mensch und Umwelt bisher nicht seriös bewertet werden. Im Umgang mit der Gentechnik wird eine Sicherheit angenommen, die eigentlich nicht gegeben ist. Die biologische Landwirtschaft lehnt die „Grüne Gentechnik“ daher grundsätzlich ab.

Auch der Weltagrarrat sieht nicht in der Agrogentechnik, sondern vielmehr in ökologischen und sozial wie regional angepassten Anbausystemen den Schlüssel zur Sicherung der Welternährung.

Eigenschaften wie Hitzetoleranz oder geringer Wasserbedarf sind komplexe Eigenschaften, an denen zahlreiche Gene beteiligt sind. Während die Gentechnik bei dem Versuch, Pflanzen gegen den Klimawandel zu wappnen, bisher nicht überzeugt, werden mit klassischer Züchtung genau auf diesem Gebiet große Fortschritte gemacht.

Download „Falsche Versprechungen“

Quelle: BÖLW (Hrsg.) (2015): Schadensbericht Gentechnik; Wirz, A. und Kasperczyk, N. (2015): Die Rechnung zahlen die anderen. Ökologie & Landbau 02/15; Zeller, S.et al. (2010): Transgene × Environment Interactions in Genetically Modified Wheat.PLoS ONE 5(7); Friends of the Earth International (Hrsg) (2010): Who Benefits From GM Crops? The Great Climate Change Swindle; Benbrook, C. (2009): Impacts of Genetically Engineered Crops on Pesticide Use in the United States: The First Thirteen Years. The Organic Center; www.weltagrarbericht.de; www.umweltbundesamt.at; www.keine-gentechnik.de; www.transgen.de

 


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