
Bio 3.0-Wissen No. 13: Gehegt und gepflegt – Biologische Schädlingsabwehr
Pflanze / Pflanzenschutz
Biologische Schädlingsabwehr – Wer kennt das nicht: Gemüsepflänzchen werden liebevoll gehegt, gepflegt, gegossen und gedüngt, um dann kurz vor der Ernte irgendeinem Schädling zum Opfer zu fallen. Was für Hobbygärtner/innen frustrierend ist, wird für Landwirt/innen mitunter zu einem existentiellen Problem. Aber gibt es abgesehen von den Varianten, Schädlingen bei ihrer Arbeit zuzusehen bzw. sie mit Pestiziden zu bekämpfen, auch noch andere praktikable Strategien?
Grundsätzlich gilt: Pflanzen können sich in einem gewissen Ausmaß auch selbst helfen. Sie bilden Stacheln oder dicke Zellwände gegen Frassfeinde, erzeugen giftige Substanzen oder senden Botenstoffe aus, um Nützlinge herbeizurufen bzw. um andere Pflanzen vorzuwarnen. Im Biolandbau versucht man diese Selbstverteidigungsstrategien zu fördern und es erst gar nicht zu einem Schädlings- oder Krankheitsbefall kommen zu lassen. Besonderes Augenmerk gilt dabei vorbeugenden Maßnahmen. Die Förderung der Bodenfruchtbarkeit gehört da ebenso dazu wie vielfältige Fruchtfolgen oder der Anbau robuster Sorten. Biowinzer/innen zählen beispielsweise zu den Pionier/innen was den Anbau pilzwiderstandsfähiger Sorten (PIWI) betrifft.
Aber auch die Förderung von Nützlingen ist ein zentrales Anliegen der Biobäuerinnen und Biobauern. Mit Hecken, Blühstreifen und anderen Biodiversitätsflächen werden diesen „Nutztieren“ Lebensraum, Nahrungs-und Rückzugsmöglichkeiten geboten – nicht ganz ohne Eigennutz, denn in der „Schädlingsbekämpfung“ leisten Nützlinge ganze Arbeit.
Kreativ und vielfältig – die biologische Schädlingsabwehr
Um Schädlinge, wie den Apfelwickler in Schach zu halten, gibt es aber noch andere kreative Lösungen: Pheromone zum Beispiel. Diese, auf den jeweiligen Schädling abgestimmte Sexualduftstoffe, sind für Mensch und Tier vollkommen harmlos, sorgen aber unter Apfelwicklermänn¬chen für totale Verwirrung: Durch die „Duftwolke“ orientierungslos, finden sie die Weibchen nicht mehr – der Nachwuchs bleibt aus. Pheromone bringen allerdings nicht nur männliche Schadinsekten aus dem Konzept – mit Hilfe von Pheromonfallen lässt sich auch der Flugverlauf von Schadschmetterlingen erfassen. Die An¬zahl der Tiere in der Falle gibt Aufschluss über die Populations¬dichte des Schädlings und ist ein gutes Entscheidungskriterium, ob und welche Pflanzenschutzmaßnahmen sinnvoll erscheinen.
So vielfältig die vorbeugenden Maßnahmen sind, so überschaubar sind die direkten Regulierungsmöglichkeiten im Biolandbau. Die Auswahl der erlaubten Pflanzenschutzmittel ist sehr begrenzt. Die zugelassenen Wirkstoffe sind in der EU-Bio-Verordnung angeführt, dürfen allerdings auch nur dann verwendet werden, wenn vorbeugende Maßnahmen allein nicht mehr ausreichen.
Immer noch nicht ganz wegzudenken ist der Einsatz von Kupfer, da dadurch Pilzkrankheiten erfolgreich in Schach gehalten werden können. Trotzdem wird der Kupfereinsatz in der biologischen Landwirtschaft kritisch gesehen. Das Schwermetall bleibt lange im Boden und kann sich in hoher Konzentration negativ auf Bodenlebewesen und Pflanzen auswirken. Doch wird heute eine Kupferbelastung in Böden festgestellt, stammt diese in den meisten Fällen aus der Vergangenheit, als in der Landwirtschaft allgemein noch sehr hohe Kupfermengen ausgebracht wurden. In den letzten Jahrzehnten wurden die Kupfermengen ständig verringert, im Biolandbau sind die eingesetzten Mengen überhaupt minimal. Dennoch ist man bestrebt, nach Alternativen zu forschen, um den Einsatz von Kupfer weiter zu reduzieren bzw. vollständig durch andere Methoden zu ersetzen.
Auch angesichts zunehmender Witterungsextreme und neuer Schädlinge und Krankheiten steht der Bio-Pflanzenschutz vor Herausforderungen. Um neue, biotaugliche Pflanzenschutzmittel zu erforschen und innovative Ansätze zu forcieren, gilt es, Forschung und Praxis noch stärker zu vernetzen. Aber auch die Unterstützung von Wirtschaft und Politik ist wesentlich, um eine erfolgreiche Entwicklung von Alternativen zu fördern. Eines ist jedenfalls klar: nur eine aus vielfältigen Bausteinen bestehende, ökologisch nachhaltige Strategie sorgt auch in Zukunft für gesunde Bio-Pflanzen.
Der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel ist im Biolandbau nicht erlaubt. Vielmehr setzen Biobäuerinnen und Biobauern in Sachen biologische Schädlingsabwehr auf vorbeugende Maßnahmen wie Standort- und Sortenwahl, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Düngung und die Förderung von Nützlingen.
Auch Pflanzenstärkungsmittel wie Gesteinsmehle, Pflanzenjauchen, Algenextrakte und ätherische Pflanzenöle sind im Biolandbau altbewährt und erhöhen die Abwehrkräfte der Pflanzen.
Unerwünschte Beikräuter versuchen Biobäuerinnen und Biobauern unter anderem durch ausgewogene Fruchtfolgen in Schach zu halten bzw. vor allem mechanisch zu regulieren – der Einsatz von Herbiziden ist klarerweise nicht erlaubt.
Download „Gehegt und gepflegt“
Quelle: EU Bio-Verordnung 834/2007 und 889/2008; Kienzle, J. und von Mering, F. (2016): Das Ganze im Blick. Ökologie und Landbau 01/2016; www.oekolandbau.de; www.julius-kuehn.de
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