Mind the Gab, Bio 3.0, #biodreinull, Wissensvisualisierung, FiBL, dform, SCR

Bio 3.0-Wissen No. 48: Mind the Gap!

Kommunikation

Mind the Gap. Der Großteil der Konsument/innen befürwortet eine artgemäße Tierhaltung ebenso wie Bestrebungen in Sachen Klimaschutz. Billig-Fleisch aus Intensivtierhaltung wird dennoch gekauft und geflogen wird so viel wie noch nie.

Marktanteil Nischenprodukt Action-Value-Gap Bio-Lebensmittel WissensvisualisierungDie Kluft zwischen Wissen und Handeln ist also oft groß. Weil das Hier und Heute unser Tun bestimmt. Weil es schwer ist, sich der Werbung zu entziehen. Oder weil nachhaltig zu leben teurer und im Alltag unbequemer zu sein scheint. Warum soll gerade ich öfter aufs Rad steigen, seltener fliegen, mehr Geld für Bio-Lebensmittel ausgeben?

Klar ist, dass viele gute Gründe für den Kauf biologischer Lebensmittel sprechen. Warum aber die bisher kommunizierten Argumente längst nicht alle Konsument/innen von den Vorzügen von Bioprodukten überzeugen, darüber zerbrechen sich Vertreter/innen der biologischen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion schon lange den Kopf. Und auch in der Diskussion von Bio 3.0 ist diese Frage ein großes Thema.
Denn obwohl Bio-Lebensmitteln in Österreich und anderen westlichen Industrieländern bei Marktforschungen in der Regel eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz bescheinigt wird, klaffen Kaufabsicht und tatsächliches Kaufverhalten immer noch weit auseinander. Dieses als „Green Gap“ oder „Value-Action Gap“ bekannte Verhalten, das die Diskrepanz zwischen guten Absichten und tatsächlichen Einkäufen darstellt, spielt nicht nur für Bio, sondern für den gesamten Nachhaltigkeitsbereich eine wichtige Rolle. Bemühungen auf unterschiedlichen Ebenen – von Bildungsinitiativen bis hin zur Konsument/innen-Information – konnten zur Veränderung dieses Verhaltens bisher nur wenig beitragen.
Auch das FiBL Österreich beschäftigt sich im Rahmen einer Studie mit der Frage, welche Ursachen seitens der Konsument/innen eine Rolle spielen, dass Bio nicht aus der Nische kommt. Und, um es kurz zu machen: es ist alles sehr kompliziert.

Wunsch und Wirklichkeit
Die Ursachen, die seitens der Konsument/innen dafür verantwortlich sind, dass Bio immer noch nicht wirklich massentauglich ist, sind unterschiedlich: Eigentlich wollen wir beim Einkauf unsere Überzeugungen und unser Verhalten in Einklang bringen. Der Alltag zeigt aber, dass das durchaus schwierig ist. So hegen wir zwar die ernste Absicht uns beim Einkauf ethisch und ökologisch korrekt zu verhalten und Biolebensmittel zu kaufen, unterliegen im Geschäft aber häufig konkurrierenden Einstellungen und Gewohnheiten: Sonderangebote appellieren an die Schnäppchenjäger in uns. Zeitmangel hält uns ab, weiter nach dem geeigneten Bioprodukt zu suchen. Alte Gewohnheiten lassen uns stets zur gleichen Marke, zur gewohnten Verpackung oder zum vertrauten Geschmack greifen. Oder das Vertrauen, das man in das Produkt hat, steht im Widerspruch zu dem geringen Wissen über das Produkt, das dieses Vertrauen rechtfertigen würde. Es kann aber auch sein, dass das Ziel, für imageträchtigere Produkte zu sparen, wie z.B. für ein größeres Auto, im Widerspruch steht, das Geld für Bioprodukte auszugeben. Und auch möglicher Widerstand aus der eigenen Familie lässt uns vielleicht zögern zu Bio zu greifen. Auch noch zu erwähnen ist die Tatsache, dass es zwischen der idyllisch-romantischen Vorstellung der Werbewelt und der (bio)bäuerlichen Realität eine Kluft gibt, die die Konsument/innen oft ratlos zurücklässt.

Um bestehende Muster und Hürden beim Lebensmitteleinkauf zu durchbrechen bzw. zu überwinden, gilt es, ein tieferes und ganzheitlicheres Konsum- und Ernährungsverständnis zu entwickeln und die dazu gehörigen Kompetenzen auszubilden. Denn für den oft tiefgreifenden und länger andauernden Veränderungsprozess der eigenen Ernährungs- und Konsumgewohnheiten benötigen wir Konsument/innen unterschiedlichste Kompetenzen, die uns helfen, die dabei auftretenden Herausforderungen gut zu meistern. Diese Kompetenzen befähigen uns zum Beispiel Bioprodukte im Regal zu erkennen, den Geschmack zu schulen oder Speisen gekonnt zuzubereiten.

Marktanteil Nischenprodukt Action-Value-Gap Bio-Lebensmittel WissensvisualisierungDazu gehört aber auch, dass sich Konsument/innen oder besser gesagt Konsumbürger/innen mit den Zusammenhängen zwischen eigenen Konsum- und Ernährungsgewohnheiten und der nachhaltigen Produktion biologischer Lebensmittel auseinandersetzen, die systemischen Vorzüge der biologischen Prozessqualität verstehen und damit letztendlich selbst einen Wandel herbeiführen, der zu einer neuen Weltsicht, neuen Alltagsroutinen und somit zu einem neuen Lebensstil führt.

Download „Mind the gap!

Quelle: Greger, L. (2016): System(at)isch zu mehr Bio. Projektbericht. FiBL; Niggli, U. (2015): Mit Bio zu einer modernen nachhaltigen Landwirtschaft. Ein Diskussionsbeitrag zum Öko- oder Biolandbau 3.0; Ahaus, B. (2011): Der verantwortliche Konsument. Wie Verbraucher mehr Verantwortung für ihren Alltagskonsum übernehmen können. CRR; Niggli, Urs (2015). Hintergrunddokument zum Diskussionspapier „Wege zu mehr Bio in Europa
und weltweit!“


Teilen Sie diesen Beitrag!

Facebooktwittermail